Montag, 8. August 2011

Die WM der Rekorde - eine Bilanz

Die Französinnen haben die Zuschauer begeistert.
Foto: S. Drolshagen
Drei Wochen lang begeisterten die besten Spielerinnen der Welt diesen Sommer bei der WM in Deutschland ein Millionenpublikum. DF Foot hat die sechste Frauen-WM aus deutsch-französischer Perspektive verfolgt und analysiert. Eine Bilanz.


Die WM in Deutschland war in vielerlei Hinsicht ein Erfolg. Nie kamen so viele Menschen zu Frauenspielen ins Stadion. Nie verfolgten so viele die Spiele im TV. Nie zuvor kam die französische Mannschaft ins Halbfinale einer WM. Nur eins trübt das Bild: Das frühe aus der deutschen Mannschaft.

Viele Fans, viel Geld

Rein wirtschaftlich gesehen ist das Turnier großartig gelaufen. Der Nettogewinn der FIFA liegt bei 7,6 Millionen Euro, so der Verband. Die Erwartungen wurden damit übertroffen. Einer der Hauptgründe ist der starke Ticketverkauf. Für die 32 Spiele in neun Stadien wurden 782.000 Karten abgesetzt. Somit kamen pro Spiel fast 25.000 Zuschauer ins Stadion. Beim Eröffnungsspiel in Berlin waren fast 74.000 Fans – Europarekord für den Frauenfußball. Fünf Millionen der Einnahmen sollen in den Frauenfußball reinvestiert werden. Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich wird die Entwicklung der ehemaligen Randsportart Frauenfußball weitergehen. Hannelore Ratzeburg, Vizepräsidenting des DFB, formuliert ihr Ziel so: „Wir möchten Projekte und Kampagnen entwickeln, die diesen Sport nachhaltig voranbringen.“

Einschaltquoten wie nie zuvor

ARD und ZDF haben erstmals alle Spiele der WM live und in voller Länge übertragen. Im Schnitt sahen 6,7 Millionen Zuschauer die Spiele. Das Viertelfinale zwischen Deutschland und Japan ist bis jetzt die meist gesehenste Sendung im Jahr 2011: 17,1 Millionen Menschen sahen die Partie. So viele Zuschauer hatte der Frauenfußball in Deutschland noch nie.

Das tolle Spiel der Französinnen lockte auch in
Frankreich Millionen vor die Fernseher.
Foto: S. Drolshagen

Auch in Frankreich wurden Rekorde gebrochen. Das Halbinfalspiel Frankreich gegen die USA lockte laut Mediametrie im Schnitt 2,3 Millionen Zuschauer vor die Fernseher. Die Spitze lag bei 3,2 Millionen. Im Vergleich zu Deutschland wirken die Zahlen klein. Doch muss berücksichtigt werden, dass das Turnier nicht in Frankreich stattfand. Die Begeisterung für Frauenfußball in Frankreich ist zudem allgemein kleiner. Und Frankreich hat außerdem noch 20 Millionen weniger Einwohner.

Französische Liga im TV

Die französischen Frauenfußballfans dürfen sich jedenfalls freuen. Der französische Verband FFF hat verlauten lassen, dass die Übertragungsrechte für die erste französische Frauenliga an France Télévisions und Eurosport vergeben wurden. Insgesamt werden von den beiden Sendern elf Spiele der kommenden Saison gezeigt werden. Dafür wurden 110.000 Euro gezahlt. Bisher kamen die Spiele nur auf einem kleinen digitalen Sender. Diese neue mediale Dimension des Frauenfußball in Frankreich liegt natürlich auch am großen Erfolg der französischen Fußballdamen. Von Spiel zu Spiel stieg die Begeisterung der Fans und somit auch die Einschaltquoten. Frankreich zählt spätestens seit dem Turnier in Deutschland zu den Großen im Frauenfußball. Genau wie ihre männlichen Kollegen.

Der Vetrag des französischen Trainers Bruno Bini wurde verlängert.
Foto: Thewomensgame auf en.wikipedia
Frankreich: neues Spiel, alter Trainer

Die tolle Leistung der Equipe Tricolore hat auch zur Folge, dass der Vertrag von Trainer Bruno Bini verlängert wurde. Er darf nun mindestens zwei weitere Jahre bleiben. Wenn seine Mannschaft sich für die EM 2013 in Schweden qualifiziert, läuft sein Vertrag sogar weitere vier Jahre. Dabei waren es gerade die Schweden, die Frankreich im Spiel um Platz 3 die Grenzen zeigten (2:1 für Schweden).
Doch Frankreich wird nicht bis 2013 warten müssen, um wieder auf internationalem Parkett zu spielen. Schon 2012 ist das Team bei den Olympischen Spielen in London am Start. Die Qualifikation dazu schafften die Bleues bei der WM.


Deutschland fliegt, Trainerin bleibt

Der Erfolg der Französinnen ist fast genauso überraschend wie der Misserfolg der deutschen Mannschaft. Dem Druck, im eigenen Land den Titel zu verteidigen, hat Silvia Neids Mannschaft nicht stand gehalten. Im Viertelfinale verlor sie in der Verlängerung gegen den späteren Turniersieger Japan. Doppelt bitter: Das verlorene Spiel bedeutete nicht nur das WM-Aus sondern auch die Nicht-Qualifikation für die Olympischen Spiele 2012.

Silvia Neid bleibt trotz des frühen WM-Aus Trainerin
Bei den Deutschen gab es im Turnierverlauf große Unruhe in der Mannschaft. Vor allem Rekord-Stürmerin Birgit Prinz war Anlass für Streitereien. Nach schwacher Leistung zum Turnierbeginn musste sie den ungewohnten Platz auf der Bank einnehmen. Beim möglichen letzten Spiel ihrer Karriere als Nationalspielerin gegen Japan, kam sie nicht eine Minute zum Einsatz. Die im Anschluss kritisierte Trainerin Silvia Neid bleibt dennoch bis 2016 im Amt.

Hoffen auf WM-Effekt

Nach dem großen Finale am 17. Juli ist nun sowohl in Deutschland als auch in Frankreich erstmal Spielpause. Während die deutschen und französischen Männer die Saison am 5./6. August eröffnet haben, geht es bei den Damen später los. Die französische Frauen-Liga startet am 4. September. Die deutsche Liga etwas früher am 21. August. Bis dahin erhoffen sich sowohl der DFB als auch der FFF noch Zuwachs im Damenbereich. Manche deutschen Vereine berichten bereits jetzt über einen Spielerzuwachs von über 20 Prozent. Andere jedoch haben bisher keine einzige Neuanmeldung zu verzeichnen.

Die Kurve des Frauenfußballs steigt jedenfalls an. Wie steil, das ist schwer zu sagen. Die Zuschauerzahlen bei den kommenden Ligaspielen werden Aufschluss geben.

Lucie Dupin / übersetzt von Till Neumann

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